Veterinärmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
Genau hier liegt für Marcel Diehl auch ein Reiz im Studiengang. „Der Beruf ist sehr vielseitig“. So finden sich Tierärzte nicht nur in der Klinik oder einer eigenen Praxis wieder, sondern sind ebenso in der Forschung, der Lehre, auf Ämtern oder der Pharmaindustrie gefragt. „Momentan tendiere ich in Richtung Chirurgie bei Kleintieren, eine Ausbildung zum Fachtierarzt liegt auf jeden Fall im Trend. Doch ich warte erst einmal mein Rotationsjahr ab.“ Denn im neunten und zehnten Semester durchlaufen die Studierenden alle Kliniken und einige Institute auf dem Campus sowie unter anderem das Veterinäramt, den Schlachthof und tierärztliche Praxen oder Kliniken außerhalb des Gießener Fachbereichs.
Ein Pferd auf dem Flur
So verbringt jeder angehende Tierarzt beispielsweise vier Intensivwochen an der Pferdeklinik. Dort helfen sie mit, assistieren den Ärzten bei ihrer täglichen Arbeit und dürfen selbst Untersuchungen vornehmen. Gerade steht ein Pferd im Vorraum des denkmalgeschützten Gebäudes und wird gleich von einer ganzen Gruppe Studierender begutachtet. „Das ist jetzt eine typische Situation“, erklärt Oberarzt PD Dr. Florian Geburek, der für die Bereiche Chirurgie und Orthopädie zuständig ist, mit Blick auf den Monitor des Ultraschallgeräts. „Wir können hier klar Flüssigkeit in der Sehne des linken Vorderbeins sehen.“ Damit bestätigt sich der Verdacht, den die Untersuchung durch Ansehen, Abtasten und Ganganalyse in der gegenüberliegenden Reithalle aufgeworfen hat. Oft stehen hier Besitzer, Tierärzte, Studierende sowie die Experten aus der Hufschmiede zusammen und diskutieren akribisch zum Wohl der Patienten.
Und während das Pferd noch nicht einmal den Untersuchungsraum verlassen hat, wird neben dem offenen Feuer der Esse bereits im Akkord gehämmert. „Um die Sehne des Pferdes zu entlasten, haben wir spezielle orthopädische Hufbeschläge angefertigt“, erklärt Hufbeschlagschmied Javier Palancares Hoyer. Der Mann mit dem langen roten Bart und den muskulösen Unterarmen steht schon parat, um die Hufeisen anzubringen – intensiv beäugt von den Studierenden. Im späteren Arbeitsalltag werden sie das zwar nicht machen, doch für Untersuchungen oder Operationen müssen sie die ‚Pferdeschuhe’ zumindest sicher abnehmen können. Und genau das üben die angehenden Tierärzte in einem Nebenraum der Schmiede. Noch nicht an lebenden Tieren, sondern an Beinen von Schlachtpferden. Man darf eben nicht zimperlich sein, wenn man seinen Traum erfüllen will.