Das Studium der Hebammenkunde an der Hochschule Fulda
Zwei Poster hängen an der Wand des Skills Lab. Auf ihnen stehen viele Begriffe, die den Job und vor allem die Geburt ausmachen: Wunder, Geschenk, Bindung, Tränen, zerquetschte Männerhände. Und Blut. Dorothea Schöneberg schnappt sich eine Flasche mit Kunstblut aus einem der Schränke, gießt einen ordentlichen Schuss auf einen Waschlappen und erklärt ihren Kommilitonen und der Dozentin Monika Gevers anhand eines Modells schließlich, wie man einen Mutterkuchen inspiziert und welche Auffälligkeiten auftreten könnten. „Mir hilft die Ausbildung im Skills Lab extrem weiter“, erklärt sie. „Man baut bereits eine gewisse Routine auf und die gemeinsame Erarbeitung hier im Raum eröffnet mir oft eine neue Perspektive – dadurch habe ich auch weniger Hemmungen, die Kolleginnen im Kreißsaal mal um Rat zu fragen.“ Und in anderen Facetten hat das Studium Dorothea verändert: „Man lernt viel über sich, hinterfragt sich und viele Dinge stärker, wird aber auch gleichzeitig toleranter und offen für andere Denkweisen.“ Nach ihrem Abschluss möchte Dorothea wahrscheinlich zunächst in einer Klinik arbeiten – um zum Beispiel kompliziertere Entbindungen wie eine Beckenendlage zu begleiten. Perspektivisch sieht sie sich eher außerhalb eines Krankenhauses. Die hohen Versicherungsprämien, die Hebammen zahlen müssen, seien natürlich ein Hemmnis, aber kein Hindernis: „Wenn man sich gut aufstellt, ist das zweitrangig.“
Horizonterweiterung inklusive
Ansonsten sind die Studierenden bei ihrer Zukunftsplanung noch sehr offen. „Hebamme zu sein vereint nicht nur viele meiner Leidenschaften“, sagt Lydia Argast, „sondern es gibt auch so viele Möglichkeiten, den Beruf zu gestalten.“ Da sie bereits drei Jahre in den USA gelebt hat, könne sie sich das Ausland gut als Arbeitsmittelpunkt vorstellen. Oder aber in einem hebammengeführten Kreißsaal tätig werden – so wie ihre Kommilitonin Damaris Lahmann. Denn die ist bereits examinierte Hebamme und strebt ihren Hochschulabschluss berufsbegleitend an. Zwar muss sie nicht alle Module belegen, dennoch erfordert das viel Zeit und Hingabe. Gemeinsam mit ihrem Mann und den drei Kindern lebt sie in der Nähe von Hannover. „Ich muss also zwischen Wochenbett, Kreißsaal, Hörsaal und Familie pendeln“, sagt sie. Und lächelt. Denn bereut hat sie die Entscheidung keinen Tag: „Die evidenzbasierte Medizin fehlte mir in meiner Ausbildung. Das Studium in Fulda empfinde ich daher als deutliche Horizonterweiterung und vielleicht geh ich später ja auch mal in die Lehre.“
Mit der Erweiterung der Laborflächen zum Jahr 2020 hoffen die Verantwortlichen, künftig noch mehr Hebammen akademisch ausbilden zu können. „Und wir wollen den Anteil an Masterabschlüssen und Promotionen erhöhen“, sagt Prof. Beate Blättner. Mehrere Kolleginnen stecken bereits mitten in ihrer Forschung. Maria Schneider könnte sich das durchaus vorstellen. Vielleicht möchte sie sich später mal im Verband politisch engagieren: „Es gibt viele Länder, in denen die Arbeitsbedingungen für Hebammen besser sind. Es wäre mein Wunsch, dass wir das auch in Deutschland erreichen.“