Die Sammlung, die auch Besucherinnen und Besuchern bei regelmäßigen Führungen offen steht, wird durch die Studierenden und Professoren immer wieder neu positioniert und sortiert, um beispielsweise Gemeinsamkeiten oder zeitliche Zusammenhänge zu erkennen. „So etwas ist in Museen nicht möglich”, erklärt uns Prof. Dr. Anja Klöckner, Klassische Archäologin hier am Haus und Leiterin der Sammlung. „Archäologie beschäftigt sich mit der materiellen Hinterlassenschaft antiker Kulturen, und diese lassen sich eben am besten am Objekt selbst studieren.” Fotografien, Bücher und auch 3-D-Scans werden den Details und der ganzen Wirkung einer solchen eindrucksvollen Skulptur niemals gerecht. „Es ist schon etwas ganz Besonderes, die Skulpturen so detailreich zu studieren und zu positionieren“, schwärmt auch Phillip Hones, der hier Klassische Archäologie und Kunstgeschichte studiert. „Gerade, was die Größenverhältnisse und das räumliche Verhältnis betrifft. Das kann man am Computer zwar simulieren, aber richtig atemberaubend ist es erst, wenn man vor der Skulptur selbst steht.”
Das ist das Besondere hier im Skulpturensaal: Die teils riesigen Statuen stehen den Studierenden – natürlich unter Aufsicht der Dozierenden oder des Kustos – immer zur Verfügung. Wenn man ein Referat vorbereiten muss, sagt Studentin Johanna Gierens, ist das mit zweidimensionalen Abbildungen immer schwierig: „Ganz oft ist da die Wahrnehmung durch die Lichteinwirkung anders als im Original.“ Im Skulpturensaal fällt das Licht gleichmäßig von oben auf die Figuren – und zusätzlich kann man sie auch nach Belieben bewegen! „Man kann beispielsweise die Adern am Unterarm so richtig gut sichtbar machen, indem man die Skulptur bewegt, bis der Lichteinfall perfekt ist!“, schwärmt Prof. Klöckner. Auch kann man den Ausstellungskontext und die Wirkung der Skulptur im Raum viel besser studieren, wenn man sie auch tatsächlich im Raum bewegt und so in neue Zusammenhänge bringt. Und nicht zuletzt kann man so eine Figur viel besser verstehen, wenn man direkt vor ihr steht – ob allein oder besser noch zusammen mit den Kommilitonen und Kommilitoninnen. „Da fallen einem dann noch mal ganz andere Dinge auf!“, bestätigt der Sechstsemester Philipp Hones den Wert des gemeinsamen Schauens.
Das ist ein Aspekt, der die Skulpturensammlung der Goethe-Uni von einem herkömmlichen Museum unterscheidet: die Nahbarkeit der Exponate. Auch, wenn man auch hier nicht unbeaufsichtigt verweilen darf: „Wir haben hier auch Stücke, die selten und durchaus auch wertvoll sind“, betont Prof. Klöckner. Allein schon die Herstellung eines einzelnen Kopfes kostet gut 1000 Euro – von den historischen Abgüssen ganz zu schweigen. Aber dennoch haben die Studierenden hier Freiheiten, die im Museum aus Platzgründen gar nicht möglich wären. Aus dem Seminarraum mal eben in die Sammlung zu gehen, um sich das besprochene Objekt „live“ anzuschauen: Das eröffnet viele neue Perspektiven und bereichert das Studium.