Silikon - Ein Hybrid mit speziellen Eigenschaften - 1

Universität Kassel Silikon - Ein Hybrid mit speziellen Eigenschaften Teil 1

Silikon ist ein ganz besonderes Material: ein Hybrid aus anorganischem und organischem Material mit speziellen Eigenschaften, die kein anderer Kunststoff hat. Es wird immer da eingesetzt, wo andere Kautschuke versagen, zum Beispiel bei extremen Temperaturen. Wo andere Kunststoffe schon längst brüchig werden, bleibt Silikon elastisch. In der Medizintechnik ist dieses besondere Polymer nicht zuletzt deshalb besonders beliebt, weil es keine schädlichen Nebenwirkungen hat, weiß Dr.-Ing. Ralf-Urs Giesen, Geschäftsführer von UNIpace, dem Polymer Application Center. Dieses Anwendungszentrum für Kunststoffverarbeitung ist aus der Zusammenarbeit der Universität Kassel mit der B. Braun AG in Melsungen entstanden und widmet sich sowohl der Forschung als auch der Anwendung von Kunststoffen in der Praxis. Und tatsächlich begegnet uns Silikon mittlerweile auf Schritt und Tritt. Von den Fugen im Bad über die kleinen Nippelchen im Duschkopf, aus denen das Wasser kommt, bis hin zu Handyhüllen und Backformen. All diese Dinge müssen besonderen Anforderungen genügen.

In das Silikon im Duschkopf frisst sich der Kalk nicht ein und kann einfach abgekratzt werden. Durch seine hohe Elastizität auch bei kalten Temperaturen eignet es sich gut für die Türen einer S-Bahn. „Wenn Sie im Winter die Finger in die von der Kälte gehärteten Gummifugen der Türen kriegen, werden die schnell abgeklemmt. Das passiert mit Silikon nicht“, erklärt Dr. Giesen. Und auch im Brandfall funktioniert Silikon noch bei einer Hitze, bei der andere Kunststoffe längst schmelzen. Deshalb gibt es auch immer mehr Backformen aus diesem Material. Beliebt ist Silikon auch bei Babyartikeln wie Schnullern oder den Schoppenfläschchen. Denn die Angst, mit Kunststoffprodukten Mikroplastik zu sich zu nehmen, ist hier völlig unbegründet. „Wir nehmen mit der Kieselsäure oder dem Polysiloxan die Bestandteile von Silikon ohnehin täglich zu uns“, erklärt uns der Ingenieur. Ob Ersteres im Salz als Rieselhilfe oder Letzteres in Lippenstiften oder Cremes: „Da sind seit 50, 60 Jahren keine negativen Auswirkungen bekannt!“

Silikon ist noch relativ jung. Erfunden wurde es erst in den 1950ern. Und obwohl es so ein geniales Material ist, gibt es noch kaum fundierte Forschung dazu. „Man denkt ja immer, zuerst wird an der Universität Grundlagenforschung betrieben, die später in der Praxis umgesetzt wird“, lacht Dr. Giesen. „Aber wir arbeiten genau andersherum!“ Was in der Praxis seit Jahrzehnten erfolgreich angewandt wird, wird erst jetzt langsam in seiner Funktionsweise erforscht. Denn die Nachfrage steigt: Gerade in der Medizintechnik beweist sich Silikon schon länger als Wundermittel: Katheter, Leitungen von Herzschrittmachern, Verschlussstopfen für Störungen im Magen-Darm-Trakt: Silikon kann problemlos für längere Zeit im Körper bleiben. Damit dieses magische Polymer weiter Anwendung findet, geht UNIpace nun all den Fragen nach, die es dabei noch gibt: den Bindungseigenschaften oder der Frage des Recyclings von Silikon. Damit dürfte Silikon bald überall Einzug halten, von der Babypflege bis hin zur E-Mobilität. Für eine nebenwirkungsfreie Zukunft!

05.06.2023