„Moving Plants“ – vor dem inneren Auge tauchen Felder auf, die sich sanft im Wind wiegen, Bäume mit raschelnden Blättern oder Sonnenblumen, die ihre Köpfe mit dem Lauf der Sonne von Ost nach West drehen. Doch tatsächlich ging es bei der gleichnamigen Ausstellung im Palmengarten Frankfurt, die im Herbst 2020 neun ortsspezifische Neuproduktionen zeigte (darunter Film- und Soundarbeiten, Installationen, Fresko und Performance), um Bewegungen und Choreographien von und mit Pflanzen. „Uns ist es wichtig, Pflanzen ins Zentrum des Geschehens zu stellen und sie als eigenständige Subjekte zu sehen“, sagt Johanna Weiß, eine der Kuratorinnen der Ausstellung. Pflanzen werden oft bewegt, zum Beispiel durch koloniale, unfreiwillige Bewegungen. Sie werden einfach an andere Orte versetzt, sei das an einen anderen Platz im Garten oder gleich auf einen anderen Kontinent. „Früher gab es koloniale Pflanzenjägerinnen, die in andere Länder gefahren sind, um seltene Pflanzen nach Europa zu bringen“, erklärt die Studentin der Curatorial Studies. Und der Frankfurter Palmengarten ist ein Ort, an dem diese Bewegungen, der Import oder die Zucht fremder Pflanzen, deutlich zutage tritt. „Es geht auch um die Bewegung der Besucher*innen im Palmgarten“, ergänzt ihre Kommilitonin und Mit-Kuratorin Leonie Schmiese. „Wie kann man sie irritieren und zum Hinterfragen bringen?“ Denn der Palmgarten ist ein Frankfurter Ort, an den viele hingehen, aber selten mit Arbeiten von Kunststudierenden der Städelschule in Kontakt kommen, von denen sechs in der Ausstellung zu sehen waren.
Leonie Schmiese und Johanna Weiß kennen die Städelschule, diese renommierte Hochschule für Bildende Künste, sehr gut. Denn beide sind Studentinnen der Curatorial Studies, einem zweijährigen Kooperationsmasterstudiengang der Goethe-Universität und der Hochschule für Bildende Künste–Städelschule. Dieser interdisziplinäre Studiengang ist etwas ganz Besonderes, denn er verbindet sozusagen das Beste beider Welten: die kleinen, familiären Seminare an der Städelschule im direkten Austausch mit Künstler*innen auf der einen Seite, auf der anderen Seite die fachdisziplinären Angebote wahlweise in Kunstgeschichte, Ethnologie, Geschichte oder Philosophie an der Goethe-Universität.
„Moving Plants“ findet im zehnjährigen Jubiläumsjahr dieses besonderen Studiengangs statt. Die in der Studienordnung vorgesehene Ausstellung stand 2020 allerdings auch im Zeichen der Corona-Pandemie. „Darum waren keine Atelierbesuche möglich“, erzählt Leonie Schmiese. Das hatte aber auch den großen Vorteil, dass der Open Call an die Studierenden der Städelschule bereits einen inhaltlichen Rahmen vorgegeben hat: „Darum war kein Framing nötig. Und die Zusammenarbeit mit den Künstler*innen auf Augenhöhe hat gut geklappt.“
Es war also der persönliche Austausch, die Nähe zueinander, die diese Ausstellung geprägt haben – ganz im Geiste der Städelschule und der Curatorial Studies!