Die meisten Tiere in dieser gigantisch großen Zahl sind Insekten und ähnliche Krabbeltiere, danach finden sich Fische, Spinnentiere, Einzeller und schließlich die Säugetiere in der Rangliste. Genaue Zahlen zu schätzen ist nahezu unmöglich, aber die Wissenschaft rechnet mit weltweit fünfeinhalb tausend Säugetierarten, von denen in Deutschland bereits 104 verschiedene Arten leben. Und sie begegnen uns jeden Tag. Manche leben als Haustiere in warmen Wohnungen (wobei Katzen nachts gern durch die Gegend ziehen und ihre wilde Seite ausleben), viele leben als Nutztiere und versorgen uns mit Milch, Eiern und Fleisch – und wieder andere bestaunen wir im Zoo. Bei knapp 35 Millionen Haustieren sind unsere vierbeinigen oder gefiederten Freunde also ein großer und liebgewonnener Teil unseres alltäglichen Lebens. Da ist es wichtig, sie zu verstehen und so viel wie möglich über sie zu wissen. Und deshalb gibt es hier an der Justus-Liebig-Universität in Gießen den Studiengang Tiermedizin.
Weil Tiere in unserer Gesellschaft eine so große Rolle spielen, ist die Tiermedizin nicht nur ein beliebtes Studium, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des Tierwohls: Die weit über 1000 eingeschriebenen Studierenden in Gießen sprechen für sich. Das Studium hier ist dabei sehr breit aufgestellt und reicht von der Bienenhaltung über Tierphysiotherapie bis hin zur Pferdezahnheilkunde. Dabei vermittelt das Grundstudium zunächst grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die tierärztliche Praxis erforderlich sind, wie zum Beispiel Anatomie, Physiologie oder Pathologie, ehe man sich später spezialisieren kann: „Die Zahnheilkunde zum Beispiel ist mittlerweile sehr wichtig geworden in der Pferdemedizin“, beschreibt Prof. Dr. Carsten Staszyk, der hier in Gießen lehrt, sein Fachgebiet. Er ist begeistert von dem breiten Spektrum hier an der Uni, das eben nicht nur die Themen betrifft, sondern auch innerhalb eines Fachgebiets in die Tiefe geht – unterm Mikroskop bis in die kleinen Zellen des großen Pferdes. Was die Tiermedizin in Gießen aber ganz besonders macht, ist ihre praktische Anschaulichkeit. Und dafür hat sich die Justus-Liebig-Universität etwas ganz Besonderes geleistet!
Denn angegliedert an die Uni ist seit zehn Jahren die Hermann-Hoffmann-Akademie, benannt nach dem Botaniker und engen Korrespondenzpartner von Charles Darwin. Die Akademie soll vor allem, aber nicht nur, ein außeruniversitäres Publikum ansprechen und für die Veterinärmedizin begeistern. Sie umfasst unter anderem ein Schüler- und Forschungslabor, eine Dino-Werkstatt und natürlich eine Bibliothek. Der besondere Ansatz der Akademie wird schon in ihrem Hörsaal deutlich: Dort ist ein echtes Pottwalskelett ausgestellt. Der Wal war eines von mehreren Tieren, die 2016 bedauerlicherweise an der Nordseeküste vor Helgoland gestrandet und verendet sind. Das Skelett wurde dann in einer beachtlichen logistisch-technischen Meisterleistung nach Gießen befördert und dort in dreijähriger Arbeit zusammengesetzt – anschaulicher wird es kaum noch! Das heißt, doch: Der Wal wird im Frühjahr 2025 Gesellschaft von einer Giraffe bekommen, die kürzlich in der Wilhelma, einem zoologisch-botanischen Garten in Stuttgart, eines natürlichen Todes gestorben ist und nun ebenfalls im Hörsaal aufgebaut wird. So verbindet sich an der Justus-Liebig-Universität und der Hermann-Hoffmann-Akademie detaillierte Theorie und spannende Praxis in mehr als sehenswerter Weise!