Sozialwesen an der Hochschule RheinMain
Daniela nennt Taja eine blöde Petze, Emilie will den Würfel nicht abgeben, Jonas schummelt beim Spielen, Marius meckert und hat schon die ganze Zeit keine Lust mitzumachen. Es ist ein unfreiwillig komisches Bild, das sich dem Betrachter an diesem grauen Novembervormittag an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden bietet. Denn Daniela, Taja und die anderen sind keine Grundschulkinder, sondern Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Sozialwesen. Und das Thema des dreitägigen Workshops, für den sie gerade in eine andere Rolle geschlüpft sind, ist alles andere als lustig. Es geht um Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Kinder. Ein Thema, das trotz seiner hohen Brisanz, seiner gesellschaftlichen Relevanz und trotz aller kommunikativen Möglichkeiten, zum Beispiel in sozialen Netzwerken, immer noch ein Tabuthema ist.
Dabei hat jede vierte Frau im Alter von 16-85 Jahren im Laufe ihrer Lebens körperliche oder sexuelle Gewalt durch ihren Beziehungspartner erfahren, in 73% der Fälle hatten Kinder laut der Angabe der Mütter die Gewaltsituation mitbekommen. Um das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und Mädchen langfristig und effektiv zu verringern, sind Präventionsmaßnahmen notwendig. Der Bereich, in dem diesbezüglich die besten Erfolge erzielt werden können, ist die Kindheit. Deshalb hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) beauftragt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen einen Lernparcours entwickelt, der sich an Kinder zwischen sechs und neun Jahren richtet und den Namen “Ruta Participativa” trägt. Das Projekt wurde von Prof. Dr. Heidrun Schulze des Fachbereichs Sozialwesen mit großem Engagement und vielen Arbeitsstunden transkulturell auf deutsche Gegebenheiten angepasst und trägt in Deutschland den Namen “MamMut - Mitmachen macht Mut. Gemeinsam gegen Gewalt”. Zudem hat die Hochschule RheinMain das Kooperationsprojekt mit der GIZ Ecuador/Peru großzügig finanziell unterstützt. Die Investition hat sich gelohnt: “MamMut” gehört zu den Leuchtturm-Projekten im Bereich Prävention bei Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Kinder und gilt als ein sehr wichtiges an der Hochschule RheinMain. Geht es nach Prof. Dr. Heidrun Schulze, so soll seine Strahlkraft so schnell es geht gerne bundesweit wirken. In Wiesbaden können die Studierenden des Fachbereichs Sozialwesen während des fünften beziehungsweise sechsten Semesters im Rahmen ihres Vertiefungsgebietes bereits zum zweiten Mal entscheiden, ob sie ein “MamMut” werden wollen. Wenn ja, dann werden sie sich für zwei Semester mit dem Thema “Gewalt gegen Frauen” befassen, die Durchführung des Lernparcours “MamMut - Mitmachen macht Mut. Gemeinsam gegen Gewalt” erlernen, zur Prävention acht Workshops an Schulen durchführen und Mädchen und Jungen spielerisch dafür sensibilisieren, dass Mädchen wie Jungen sowie Frauen wie Männer gleich viel wert sind und auch das Gleiche lernen können.