Die Gründungshochschule Kassel
Dipl.-Ing. Khesrau Noorzaie steht in der morgendlichen Wintersonne Kassels. Den Kragen seines Mantels hat er zum Schutz gegen den kalten Wind hochgeschlagen und trinkt seinen Becher Kaffee aus. Was so tiefenentspannt aussieht, ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn hinter der Eingangstür zu seinem zweistöckigen Büroloft im Kasseler Science Park sieht es anders aus. „Die Fahrradsaison steht unmittelbar bevor, und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, denn wir müssen schon in drei Stunden nach München auf eine Messe“, sagt Khesrau mit einem Blick auf die unzähligen Kartons, Koffer und Fahrräder. Und die stehen auch im Zentrum von SMINNO, dem Unternehmen, das Khesrau 2014 zusammen mit seinem Bruder Sohrab gegründet hat. Die beiden halten das weltweit erste Patent für eine Fahrrad-Freisprecheinrichtung. „In Deutschland gibt es doppelt so viele Fahrräder wie Autos – aber keinerlei Cockpit“, erklärt Khesrau, wie sie auf ihre Geschäftsidee kamen. „Und obwohl inzwischen fast jeder ein Smartphone besitzt, kann man das auf dem Rad nicht sicher verwenden.“
Viele Services für künftige Unternehmer
Mit ihrer Idee gingen die Brüder zunächst zu verschiedenen Professoren ihrer Fachbereiche. Khesrau hatte gerade sein Studium zum Maschinenbauingenieur erfolgreich abgeschlossen, Sohrab ist aktuell noch in den letzten Zügen zum Wirtschaftsingenieur. „Dort hieß es nur, dass man viel Startkapital benötigt“, erinnert er sich. Also suchten sie weiter und informierten sich nach kreativen Alternativen. Und da waren sie in Nordhessen goldrichtig. Denn seit 2013 ist Kassel eine sogenannte ‚Gründerhochschule’. Diese Auszeichnung wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Förderwettbewerbes "EXIST-Gründungskultur - Die Gründerhochschule" verliehen. Diese Auszeichnung wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Förderwettbewerbes "EXIST-Gründungskultur - Die Gründerhochschule" verliehen. Die Universität Kassel weist hier ein einzigartig durchgängiges Konzept auf: Nach einem ganzheitlichen Ansatz sind alle Phasen des Gründungsprozesses unter einer Dachmarke (UNIKAT) in einem Gebäude auf dem Campus der Hochschule (Science Park) integriert. Unter dem Label ‚UNIKAT mehr unternehmen’ bündelt die Universität seither alle gründungsbezogenen Aktivitäten.
„Wir unterstützen Studierende, aber auch Mitarbeiter und Absolventen bei der Konkretisierung und Weiterentwicklung erster Ideen, vernetzen zu Experten und bieten Zugang zu verschiedensten Förderprogrammen wie EXIST, UNIKAT-Fellowship und dem HessenIdeenStipendium “, erklärt Gabriele Hennemuth von der UNIKAT-Gründungsberatung. Ein wichtiger Baustein der Unterstützung ist das Know-how des Unternehmer Rats. Das sind rund 20 erfahrene Unternehmer verschiedener Branchen, die als Ratgeber, Coaches oder Business Angels fungieren und ihr Wissen oder ihre Kontakte gerne zugunsten der jungen Visionäre einsetzen. Auch gemeinsame Veranstaltungen wie Vorträge und Diskussionsrunden finden regelmäßig statt. Zudem gibt es einen Gründerblog mit Stories von Gründerteams und Unternehmern, Berichte von Crowdfunding-Kampagnen und Tipps zum perfekten Pitch . Letztlich erhofft sich die Universität eine gewisse Wechselwirkung von ihrem Bemühen: „Wir fördern junge Gründer und freuen uns, wenn sie wiederum die Fachbereiche mit aktuellen Fragestellungen für die Lehre bereichern“, so Gabriele Hennemuth. „Und viele der Unternehmen bieten später Praktika und Masterarbeiten – und sind ein möglicher Arbeitgeber für Absolventen.“