Rund die Hälfte aller Mietwohnungen in Deutschland wurden in den Nachkriegsjahrzehnten gebaut. Damit diese Gebäude weiterhin zukunftsfähig genutzt werden können, müssen sie modernisiert werden. Denn nicht nur die Ansprüche an Klimafreundlichkeit und Energieersparnis haben sich seit damals deutlich geändert, sondern auch ans Wohnen selbst. Wie steht es da um die Großwohnsiedlungen, die in jeder Stadt zu finden sind? Halten diese Riesen aus Beton diesen neuen Herausforderungen stand? Um das zu herauszufinden, wurde vor vier Jahren an der Frankfurt University of Applied Sciences das Forschungslabor Nachkriegsmoderne gegründet. Das Projekt „Lebensqualität in Großwohnsiedlungen“ befasst sich damit, wie die Wohn- und Lebensqualität in Großwohnsiedlungen besser bewertet werden kann.
Denn etwas muss getan werden, damit die teils riesigen Siedlungen zukunftsfähig bleiben. Das fängt bei der energetischen Ertüchtigung an, wie uns Prof. Dr.-Ing. Natalie Heger erklärt, hört dort aber noch längst nicht auf. Denn in diesem Projekt geht es insbesondere auch um die sozialen und menschlichen Aspekte solcher Wohnblöcke. „Was macht die Lebensqualität in solchen Siedlungen aus und wie kann man sie messbar machen?“, benennt Prof. Heger die Fragestellung ihres Projektes. Die Bestandshalter solcher Siedlungen, also die Eigentümer, Vermieter etc., brauchen hier Fakten, mit denen sie arbeiten können. Und die liefert das Forschungslabor Nachkriegsmoderne. „Dabei ist es ganz wichtig, die Menschen zu befragen, die dort leben!“ Die Zusammenarbeit mit der GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen ist hierbei von großem Vorteil. Denn die GWH ist nicht nur Eigentümerin zahlreicher hessischer Großbauten, sondern verfügt auch über umfangreiche Daten, die bis in die 1960er-Jahre zurückreichen und im Projekt ausgewertet werden konnten. Von elf Großwohnsiedlungen wurden so 2017 und 2018 Profile erstellt. Mit deren Hilfe konnte die weitere Entwicklung der Quartiere geplant und vorangetrieben werden.
Die Ergebnisse sind dabei mitunter erstaunlich, denn: „Die Menschen fühlen sich dort wohl!“ Was man von außen nicht unbedingt sehen mag, ist aber der Fokus auf den Menschen, der beim Bau damals vorherrschend war. Die Wohnungen sind gut und effektiv geschnitten, die Siedlungen bieten oftmals eine funktionierende Infrastruktur und vor allem eine gute Nachbarschaft, die sich auf Grünflächen oder in Gemeinschaftsräumen trifft. Nicht zuletzt spielen auch die relativ günstigen Mieten eine große Rolle. „Es ist wichtig, das Mietniveau zu halten!“, sagt Prof. Heger mit Blick auf die notwendige Modernisierung, um heutigen Energiestandards und den Anforderungen des Klimaschutzes zu genügen.
„Und die Lebensqualität muss sich weiter verbessern!“ Deshalb arbeiten die Architektinnen und Architekten des Forschungslabors Nachkriegsmoderne auch eng mit anderen Disziplinen zusammen: „Transdisziplinarität ist die Zukunft!“ Kompetenzen aus allen Bereichen kommen hier in der Forschung zusammen – und das nicht nur von Expertinnen und Experten, sondern eben auch von den Menschen, die dort leben. An der Frankfurt University of Applied Sciences wird gemeinsam mit den Menschen für die Menschen geforscht und gearbeitet – für ein lebenswertes Wohnen der Zukunft!