Weinanbau, Oenologie und Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim
Muffiger Geruch liegt in der Luft. In den Regalen liegt dicker Staub und trotz Dämmerlicht sieht man die Spinnweben, die von der Gewölbedecke hängen. Es sind circa 15 Grad, also ein paar Grad über der idealen Temperatur. Den Titel “Schönster Keller Geisenheims” gewinnt dieser sicher nicht und doch ist er mit seinem wertvollen Inhalt eine wahre Schatzkammer. In dem 1954 erbauten Kellergewölbe lagern die Weine der Hochschule Geisenheim, der älteste ist aus dem Jahr 1900. Weinanbau hat in der Geisenheimer Forschung Tradition - doch derentwegen ist Pietro Previtoli nicht hier. Der Italiener aus der Lombardei hat die Hochschule am Rhein nicht wegen der Vergangenheit gewählt, sondern wegen der Zukunft. Er ist Teilnehmer von Vitis-Vinum, einem Master-Studiengang mit Doppelabschluss, für den sich hochqualifizierte Studierende mit einem Bachelorabschluss in Weinbau, Oenologie und Ernährungswissenschaften bewerben können. Previtoli wurde angenommen, studierte ein Jahr in Turin, dann kam er nach Geisenheim. “An der Lehre und Forschung hier schätzte ich, dass Innovation und Tradition in guter Weise verschmelzen”, erklärt er. Nach dem Abschluss seines Studiums will Pietro Previtoli die fortschrittlichen Erkenntnisse aus der hessischen Lehre mit der Tradition des italienischen Weinanbaus in Einklang bringen. “Ich fand hier, wonach ich gesucht habe”, sagt Previtoli und es klingt, als ob auch er einen Schatz gefunden hat.
Anders als sein italienischer Kommilitone stammt Khalil Bou Nader aus einer libanesischen Winzerfamilie. Die Trauben aus ihrem Weinberg werden allerdings nicht zu Wein verarbeitet, sondern zu Arak, einem Anisschnaps auf Traubenbasis.
Er sieht den Vorteil von Geisenheim im internationalen Vergleich vor allem in der praxisorientierten Ausrichtung der Ausbildung in den Bereichen Weinbau und Önologie sowie der Betriebswirtschaft und Vermarktung. Dass die libanesische Weinwirtschaft sehr von der französischen Theorie geprägt ist, hat historische Wurzeln. Um seinen Berufswunsch vom Winzer und Lehrer realisieren zu können, braucht er aber keine graue Theorie, sondern praktische Erfahrung sowie die neuen Prozesse und weitsichtigen Ideen, die in Geisenheim erforscht und gelehrt werden.