Industrie 4.0: Die Revolution am Horizont der Wirtschaft - 3

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    © Steffen Böttcher
    Technische Hochschule Mittelhessen Industrie 4.0: Die Revolution am Horizont der Wirtschaft

    Industrie 4.0 steht für eine solche Revolution, obwohl sie auf Bestehendem aufbaut. Der Begriff steht für die vierte industrielle Revolution und damit für die Transformation von Produktionsprozessen in vernetzte, flexible, sich selbst organisierende Einheiten. Anders gesagt: Die Maschinen kommunizieren hier direkt miteinander, nehmen Kundenbestellungen entgegen, bestellen das benötigte Material, organisieren ihre Abläufe, lasten zum Beispiel Fertigungsstraßen optimal aus, bis am Ende das fertige Produkt vom Fließband rollt. Über zentral gespeicherte Daten können die intelligenten Maschinen immer und überall auf alle Informationen zugreifen, sie analysieren sich selbst und können ihre Abläufe selbst optimieren. Das spart Rohstoffe, Geld und Zeit, Wartezeiten verkürzen sich. Mittels zentraler Datenanalyse plant eine solche Smart Factory sogar schon Monate im Voraus: Ist es vielleicht doch sinnvoll, im Sommer saisonale Produkte für den Winter zu produzieren, weil die Produktionskosten durch erneuerbare Energien im Sommer geringer sind als der Energiepreis im Winter? Und wie kalkulieren sich hier die Lagerkosten in das Produkt ein? Eine fantastische neue Welt, in der die Maschinen selbstständig kalkulieren können und sogar Entscheidungen treffen. Aber wo bleibt da der Mensch?

    Wir fragen Prof. Dr. Christian Überall von der Technischen Hochschule Mittelhessen. Er ist Leiter der Smart Factory am Standort Gießen und kennt sich mit diesem Thema bestens aus. Die Smart Factory Mittelhessen ist eine moderne „Lernfabrik“, in der die Abläufe der Industrie 4.0 sowohl von Studierenden als auch von Vertretern der Industrie direkt miterlebt und erforscht werden können. „Für mich war schon immer klar, dass der Mensch unbedingt Teil der Wertschöpfungskette sein muss“, betont der Wissenschaftler und weist damit in die Zukunft: „Wir blicken bei dieser Frage bereits auf die fünfte industrielle Revolution: Industrie 5.0!“ Nachdem in den 1970ern der Traum der komplett menschenleeren Fabrik geträumt wurde, hat man heute erkannt, dass es ohne den Menschen doch nicht geht. In der Industrie 5.0, deren Zeitalter gerade beginnt, arbeiten die Menschen mittels hochmoderner Technik mit den intelligenten Maschinen zusammen, um Arbeitsabläufe weiter zu verbessern und dabei den Fokus zurück auf den Menschen zu lenken. Denn es geht nicht mehr nur um Wertschöpfung, sondern um Nachhaltigkeit oder, in die Breite gedacht, um ein besseres Leben für alle.

    "Es gibt immer wieder schwierige Entscheidungen, bei denen wir die Menschen involvieren müssen", sagt Prof. Überall. Denn der Mensch kann etwas, das intelligente Maschinen nicht können: Er kann auch mal scheitern. "Agilität ist ungemein wichtig. Und dazu gehört auch, etwas auszuprobieren und zu wissen, dass es jetzt nicht funktioniert hat." Diese menschliche Komponente ist dem Wissenschaftler ungemein wichtig. Denn schließlich soll die Industrie 5.0, die intelligente Fabrik und der Fortschritt im Allgemeinen nicht der Profitmaximierung dienen, sondern der Gesellschaft im Ganzen. Und da ist noch etwas: "Wenn in diesem vollautomatisierten Prozess auch nur an einer Stelle etwas ausfällt, steht die ganze Produktion still." Die Maschinen schicken dem Menschen dann eine Pushnachricht aufs Smartphone und der weiß: Hier muss ich direkt eingreifen. "Ich bin in Echtzeit reaktionsfähig!", schwärmt Prof. Überall. Vollautomatisierung und Künstliche Intelligenz erleichtern unser Leben ungemein und weisen weit in die Zukunft. Schlussendlich aber müssen der Mensch und die Maschine zusammenarbeiten, denn es geht darum, unserer Gesellschaft zu nutzen, es geht um Nachhaltigkeit und um Kundenwünsche. Kurz: Die Industrie 5.0 arbeitet mit dem Menschen für den Menschen. Das menschliche Know-how, die Empathie und die Fähigkeit zur Kreativität könnten in dieser Phase wichtige Elemente sein, um komplexe Probleme zu lösen, Innovationen voranzutreiben und menschenzentrierte Aspekte in den Produktionsprozessen zu betonen. Und eines scheint sicher: Hier an der Technischen Hochschule Mittelhessen wird es dann auch dafür einen Studiengang geben.

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