Dabei handelt es sich um eine kleine Fabrik, die ihre Produktion selbst organisiert und dabei sowohl die Kundenwünsche als auch mögliche Probleme wie Maschinenausfälle autonom registriert und damit umgeht. Mögliche Kunden könnten ihre Produktdaten in der Smart Factory hochladen und diese kümmert sich um alles Weitere: Sie plant den Fertigungsablauf, bestellt die entsprechenden Rohstoffe, lagert sie und teilt sie ein. Wenn eine Maschine mit ihrer Arbeit fertig ist, gibt sie der nächsten Bescheid, damit diese anfangen kann. Aufgebaut sind die Fertigungsschritte nicht klassisch in einer statischen Produktionsstraße, sondern in flexiblen Modulen, die sich je nach Art des Auftrages zu einer Produktionsstraße formieren und zwar so, wie es für diesen Auftrag sinnvoll ist. Die Fabrik kann autonom Material nachbestellen und am Ende läuft das fertige Produkt just in time vom Fließband. Prof. Dr. Christian Überall, Leiter dieser Lernfabrik, erklärt: „Wir haben die Smart Factory Mittelhessen aufgebaut, um Unternehmen zu zeigen, wie Konzepte der Industrie 4.0 bei ihnen implementiert werden können.“ Denn in der deutschen Industrielandschaft gibt es zu diesen neuen und faszinierenden Möglichkeiten noch ebenso Lernbedarf wie bei den jungen Menschen, die nach Gießen kommen, um dieses zukunftsträchtige Fach zu studieren.
Deshalb hebt sich die Smart Factory Mittelhessen noch einmal von anderen Fabriken dieser Art ab, denn sie ist im wörtlichen Sinne eine Lernfabrik. Zunächst bietet sie Studierenden die Möglichkeit, anwendungsorientiert zu forschen. Dafür stehen ihnen in der SFM zum Beispiel eine CNC-Fräse, eine Spritzgussmaschine, drei kollaborative Roboter, zwei autonome Flurfahrzeuge, 3-D-Drucker, eine Augmented-Reality-Brille und diverse mobile Geräte sowie ein automatisiertes Kleinteillager zur Verfügung. Kooperationen mit verschiedenen Firmen ergeben immer wieder Aufgabenstellungen, die direkt aus der Praxis kommen und realistische Herausforderungen mit sich bringen. „Die Firmen, von denen auch die Geräte stammen, sind weniger Sponsoren als Kooperationspartner“, betont Prof. Überall. „Wir machen also Sachen, die auch für deren Praxis interessant sind. Dementsprechend bekommen wir von den Firmen auch produktives Feedback.“ Er lacht, wenn er an die Reaktionen der Industrievertreter denkt, wenn sie die SFM besuchen: „Die sind immer alle begeistert und sagen: Ok, so etwas hätten wir bei uns auch gern!“
Prof. Überall kommt ursprünglich aus dem Handwerk und hat lange Jahre in der Industrie gearbeitet, ehe er wieder an die Hochschule zurückgekehrt ist. Darum weiß er diese praxisorientierten Möglichkeiten sehr zu schätzen: „Ich finde es sehr spannend, den Studierenden hier wirklich an den Geräten beizubringen.“ Denn obwohl das Thema Industrie 4.0 schon seit vielen Jahren im Gespräch ist, gibt es noch viel zu lernen. „In den Firmen selbst fehlt manchmal noch das Wissen und das Personal“, erklärt der Wissenschaftler. „Das Verständnis für Industrie 4.0 muss einfach noch weiter ausgebaut werden.“ Und genau dafür ist die Smart Factory Mittelhessen da! Prof. Überall und sein Team laden regelmäßig Vertreter der Industrie nach Gießen ein, damit sie diese tolle Fabrik der Zukunft quasi am eigenen Leib kennenlernen. Dabei können sie sich alles ganz genau anschauen und merken vielleicht: Ein Produktionsprozess kann auch ohne Programmierkenntnisse automatisiert werden – es ist eigentlich ganz einfach. Die Smart Factory in Gießen unterstützt sowohl ihre Studierenden als auch Deutschlands Industrie dabei, heute noch in der Zukunft anzukommen!