Seit Jahrhunderten ist das Tal der Inbegriff von Rheinromantik und seit 2002 auch UNESCO-Weltkulturerbe. Das Obere Mittelrheintal erhielt den Status des Weltkulturerbes aufgrund seiner außergewöhnlichen landschaftlichen Schönheit, seiner historischen und kulturellen Bedeutung als organisch gewachsene Siedlungs- und Kulturlandschaft sowie seiner Rolle als wichtige europäische Handelsroute im Laufe der Geschichte. „Die Landschaft hier befindet sich in einem drastischen Wandel“, erzählt uns Elena Simon, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Landschaftsplanung und Naturschutz der Hochschule Geisenheim. „Das Obere Mittelrheintal wurde vor allem für seinen terrassenartigen, offenen Charakter von der UNESCO ausgezeichnet. Und dieser war stark vom Wein- und Obstbau geprägt.“
Immer mehr dieser Flächen werden allerdings von den Winzern und Obstbauern aufgegeben. Ohne Nutzung setzt eine natürliche Sukzession ein - die Landschaft wächst mehr und mehr zu und entwickelt sich zu einer Waldlandschaft. Und das wiederum wirkt sich auf die Biotopvielfalt und Artenzusammensetzung aus und bringt den Weltkulturerbe-Status in Gefahr.
Eine Kartierung der Hochschule Geisenheim, die im Rahmen des Projektes Landschaftsmosaik Welterbe Oberes Mittelrheintal (WELMO) durchgeführt wurde, machte diesen Wandel besonders deutlich. „Wir haben die Landnutzung über die Jahrhunderte analysiert – angefangen bei der preußischen Uraufnahme. Dadurch konnten wir deutlich machen, wie stark sich die Landschaft verändert hat. Allein die Weinbaufläche hat bis heute gegenüber Mitte des 19. Jahrhunderts um etwa 70 % abgenommen“, berichtet Elena Simon.
Das WELMO Projekt hat zum Ziel, Ideen und Konzepte an die Hand zu geben, wie die aufgegebenen Flächen zukünftig wieder wirtschaftlich und nachhaltig genutzt werden können, und versucht damit, die Uniformierung der Landschaft aufzuhalten. „Wir möchten die Entstehung einer Mosaiklandschaft mit hoher Biodiversität fördern und dadurch den Status als UNESCO-Weltkulturerbe sichern“, erzählt Elena Simon weiter.
Rückenwind könnte dieses Projekt auch durch die Bundesgartenschau erhalten, die im Jahre 2029 hier im Mittelrheintal durchgeführt werden soll – entlang der 67 Rheinkilometer zwischen Rüdesheim, Bingen und Koblenz. Die Hoffnung der Hochschule Geisenheim ist, dass die Bundesgartenschau GmbH auch landschaftliche Aspekte mit einbezieht, denn die einzigartige Terrassenlandschaft bildet die Kulisse für das Event. Damit das nicht dem Zufall überlassen bleibt, hat man hier eine Projektstelle eingerichtet, welche Impulse für die Bundesgartenschau aus den Hochschulen heraus geben soll. Bernd Metz, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Koordinator der Buga-Projekte an der Hochschule Geisenheim, ist zuversichtlich: „Die Bundesgartenschau bietet gerade durch den dezentralen Charakter hier im Rheintal eine einzigartige Chance, landschaftliche Entwicklungen anzustoßen und den Besuchern eine substantielle Erfahrung dieser Landschaft zu vermitteln.“
Dabei möchten die Lehrenden des Instituts für Freiraumentwicklung der Hochschule Geisenheim vor allem Räume außerhalb der Schwerpunktbereiche der Bundesgartenschau bearbeiten, die von den professionellen Planern nicht behandelt werden, erzählt Constanze A. Petrow, Professorin für Freiraumplanung und Gesellschaft an der Hochschule Geisenheim. „Wir versuchen, Ideen und Bilder zu entwickeln, wie sich die Landschaft im Mittelrheintal nachhaltig gestalten lassen kann. Insofern bietet die Bundesgartenschau den Studierenden die Möglichkeit, exemplarische Lösungen für Orte zu entwerfen, in denen großer Handlungsbedarf besteht. Dennoch…“, betont Constanze A. Petrow, „…arbeiten wir als Hochschule nicht für die Bundesgartenschau, sondern sind unabhängig und nehmen die Schau zum Anlass, eigene Ideen und Konzepte für die Region zu entwickeln.“
Der Titel der Bundesgartenschau 2029 lautet „Willkommen am Wasser“ und bietet dem Mittelrheintal die nötige Aufmerksamkeit, sich auch mit Themen auseinanderzusetzen, die über das klassische Spektrum einer Gartenausstellung hinausgehen. Hier an der Hochschule Geisenheim ist man bestens darauf vorbereitet, sich aktiv einzubringen.