Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist die Erinnerungskultur. „Aus der Perspektive der Konfliktforschung interessiere ich mich vor allem dafür, wie vergangenes Unrecht aufgearbeitet und in Form von Gedenkstätten darstellt wird“, erklärt sie ihr Interesse an ausgerechnet diesem Ort mitten in Frankfurt. Denn hier ist im Jahre 2015 die Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle entstanden, die an die Massendeportationen von 10 000 Frankfurter Juden zwischen 1941 und 1945 erinnert. Doch viel ist erst einmal nicht zu sehen. Keine Gedenktafeln, keine Bilderwände, Passanten fahren mit dem Rad unbeeindruckt am Gebäude vorbei. „Das hat mit dieser Art der Ästhetik der Gedenkstätte zu tun“, erklärt uns Frau Prof. Buckley-Zistel. „Man soll sie erstmal gar nicht wahrnehmen. Denn die Leute, die hier früher gelebt haben, als die Juden deportiert wurden, sind auch beiläufig hier vorbeigegangen, der Ort des Grauens wurde nach 1945 wieder ganz selbstverständlich als Lagerstätte für Obst und Gemüse verwendet. Dieser Moment des Unscheinbaren wird hier reproduziert.“ Hierbei handelt es sich um einen aktuellen Trend in der Erinnerungskultur, die sich nicht aufdrängt und die Betrachtenden durchaus auch erstmal allein lassen soll mit sich und dem, was sie denken. Man soll nicht alles auf ausführlichen Tafeln erklärt und damit eine Interpretation vorgegeben bekommen. „… weg von Wissen, hin zu Emotion und Affekt. Das ist auch ein epistemologischer Wandel“, weiß Frau Prof. Buckley-Zistel. Man findet diese Art der des Gedenkens auch bei den sogenannten Stolpersteinen „Man kann daran vorbeigehen oder drüber stolpern.“
Und warum interessiert sich eine Friedens- und Konfliktforscherin für eine Holocaust-Gedenkstätte? „Ich bin über das Thema Friedensförderung nach Bürgerkriegen zu Erinnerungsdiskursen gekommen: Welche Rolle spielt Erinnerung im Kontext der Aufarbeitung von Gewaltverbrechen? In welchem Zusammenhang steht dies mit strafrechtlicher Verfolgung, Wahrheitsfindung und ähnlichem? Welche Bedeutung hat dies für die Nachkriegsgesellschaften? Fördert es ein friedliches Zusammenleben?“, erklärt Frau Prof. Buckley-Zistel. „Gedenkstätten sind immer das Ergebnis von Aushandlungsprozessen und daher höchst politisch.“ So verweisen sie zugleich auf vergangenen und aktuelle Konflikte und geben Aufschluss darüber, welche unterschieden Positionen in einer Gesellschaft vertreten werden und in welcher Beziehung diese zueinander stehen. Gedenkstätten vom Frieden her zu denken sei höchst relevant und macht für Frau Prof. Buckley-Zistel den Kern des Fachs aus: „In der Friedens- und Konfliktforschung haben viele ein normatives Interesse, das umfasst einen Großteil unserer Studierenden und auch mich.“ Es sei eine Frage der Haltung: „Forschen wir für den Frieden oder forschen wir über den Frieden?“ Und deshalb gehört auch eine scheinbar unscheinbare Gedenkstätte aus hellgrauem Beton in den großen Kontext internationaler Konflikte.