Für Dr. Kerstin von der Krone ist die Sammlung gerade kein Ort, in dem das Vergangene langsam verstaubt. Im Gegenteil! „Das ist das Tolle: Wenn Sie in einer Bibliothek oder einem Archiv forschen, finden Sie vielleicht nicht immer genau das, wonach Sie gesucht haben, aber häufig machen Sie unerwartete Entdeckungen! Sie finden Antworten auf Fragen, die neue Fragen generieren, Perspektiven verändern.“ Der Schlüssel ist ein neugieriger Umgang mit der Vergangenheit: „Forscher*innen müssen offen sein! Müssen ihren eigenen Standpunkt reflektieren.“ Das ist gerade in heutiger Zeit wichtig, in der auch der Antisemitismus wieder virulenter wird. Auch deshalb soll die Hebraica- und Judaica-Sammlung hier in Frankfurt für möglichst viele Menschen zugänglich sein, vor Ort und überregional durch die digitalen Bestände. Wissenschaftliche Bibliotheken wie die Frankfurter Universitätsbibliothek dienen der Forschung und der Gesellschaft.
Kleinteilig und aufwändig ist die Arbeit in der Frankfurter Hebraica- und Judaica-Sammlung, die bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hauptsächlich durch Schenkungen und Spenden der Frankfurter Jüdinenn und Juden entstanden ist. Damit diese Schriften nicht nur erhalten werden, sondern auch weltweit verfügbar sind, wurde bereits in den 1990er-Jahren mit der Digitalisierung begonnen. Viele historische und überwiegend fragile Bestände erfordern hierbei intensive Bestandserhaltungsmaßnahmen, die seit einigen Jahren durch den Bund und das Land Hessen gefördert werden. Besonders wichtig ist Dr. von der Krone dabei Compact Memory, eine der größten digitalen Sammlungen jüdischer Zeitungen und Zeitschriften. „Viele Kollegen in den USA, Israel und andernorts nutzen Compact Memory.“ Mittlerweile umfasst die Sammlung mehr als 350 Titel und wächst stetig weiter an. Und diese weltweite Verfügbarkeit macht dieses Projekt auch angesichts der aktuellen Herausforderungen so wichtig: „Compact Memory war revolutionär, diese Texte waren bis zur Jahrtausendwende kaum zugänglich. Viele Forschungsprojekte der letzten Jahre wären undenkbar ohne diese und andere digitale Sammlungen und kaum möglich gewesen. Und für manche Kollegen sind sie angesichts der Einschränkungen durch die aktuelle Pandemie die einzige Möglichkeit, auf historische Quellen zuzugreifen. Gerade auch für die Lehre und damit für die Heranführung von Studierenden an die jüdische Geschichte und Kultur“, betont Kerstin von der Krone. Hier ermöglicht Digitalisierung die notwendige gesellschaftliche Offenheit. Hier können wir alle aus der Vergangenheit lernen, unsere Gesellschaft lebenswert zu gestalten!