Gartenbau (B.Sc.): Entwicklung von Wuchsformen im Erwerbsanbau an der Hochschule in Geisenheim
Wir stehen im Keller des Institutes für Botanik an der Hochschule in Geisenheim und werden vor unserem Eintritt ins Schutzlabor über die Sicherheits- und Hygienevorschriften aufgeklärt. In einfachen Worten heißt es für uns: „Nur gucken, nichts anfassen!“ In der gentechnischen Anlage mit der biologischen Sicherheitsstufe S1 werden, in Zusammenarbeit mit dem Obstbau, Gene identifiziert, die für die kolumnare Wuchsform bei Apfelbäumen verantwortlich sind. Die in den späten 1950er-Jahren in Kanada entdeckte kolumnare Wuchsform ist eine Spontanmutation und somit eine natürlich entstandene Baumform. Diese säulenartig wachsenden Apfelbäume haben kaum Seitenzweige und bieten dadurch eine Menge Vorteile: Die Bäume lassen sich dicht beieinander anpflanzen, die Äpfel bekommen eine gleichmäßige Belichtung und somit eine gleichbleibende Qualität. Auch die Ernte – vor allem bei Mostobst – kann wesentlich effektiver durchgeführt werden. Geschmacklich waren die ersten Äpfel dieser Sorte jedoch noch nicht auf einem Niveau, mit dem man Preise gewinnen könnte. Sie waren mehlig und wenig schmackhaft. Deshalb versucht man hier in Geisenheim bereits seit Beginn der 1990er-Jahre, durch Züchtung, Kreuzung und molekular-genetische Diagnostik schmackhafte Äpfel zu produzieren, die sich als Tafel- oder Mostobst eignen. Dabei schaut man jedoch nicht allein auf die geschmacklichen Belange der Äpfel. So sollen die Bäume möglichst offen wachsen, damit Schaderreger keine Rückzugsgebiete finden und die Pflanze nicht besiedeln – ein natürlicher und vor allem effektiver Pflanzenschutz. Die Hochschule Geisenheim ist dabei das einzige Institut in Deutschland, das sich mit der kolumnaren Wuchsform dieser Apfelbäume beschäftigt.