Wir sind über den ganzen Globus vernetzt und kommunizieren unablässig miteinander. Als damals die ersten Programmiererinnen an den Computern saßen – tatsächlich waren es entgegen dem Klischee hauptsächlich Frauen –, war das noch ein Job im „stillen Kämmerlein“. Heute jedoch sitzen die Digital Natives in allen Ländern, arbeiten zusammen und sprechen weitgehend Englisch. „Bei uns sind wirklich fast alle Begriffe auf Englisch“, lacht Prof. Janina Schmidt vom Lehrstuhl für Digital Design an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main. Denn die globale Zusammenarbeit verlangt auch nach einer globalen Verständigung. „Sprache“ bedeutet hier aber noch viel mehr: „Im Digital Design hat man wie auch im Industrial Design mit Ingenieuren zu tun“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Im Computer-Engineering müssen wir also dieselbe technische Sprache sprechen wie sie. Deshalb lernen die Studierenden bei uns auch erst einmal das Programmieren.“ Der globale Gedanke ist also tief im Digital Design verankert. Es geht nicht nur darum, eine schöne und funktionierende App zu erstellen, sondern auch darum, wie Technik, Design und Menschen miteinander kommunizieren.
Gleichzeitig aber ist die digitale Globalisierung nicht nur die große Gleichmacherin, wie Prof. Janina Schmidt in ihren sechs Jahren in Indien erfahren hat. Dort hat sie zuerst als Industrial Designerin für ein Großunternehmen gearbeitet und dabei zahllose Apps entwickelt, vom Monitoring von Kühen bis hin zu Rauchmeldern. Schließlich wurde sie angefragt, in einem internationalen Team mitzuarbeiten und war Teil der Marken- und Designentwicklung, welche die digitale Transformation von Indien initiierte. Dafür holte sie viele Design-Studentinnen und -Studenten direkt von der Uni mit an Bord – und bemerkte, dass es zwischen den Anforderungen der Industrie und dem, was an den Unis gelehrt wurde, eine Lücke gab. Und genau diese schließt das Grundstudium hier an der HfG: „Es ist nicht, dass man nur für die Industrie ausbildet, sondern bestimmte Gedankenprozesse anstößt.“ Die Wissenschaftlerin hält inne und betont: „Digital Design lehrt, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen!“
Dafür ist die besagte geistige Flexibilität ein wichtiges Werkzeug, um sich im wörtlichen Kunterbunt der Kulturen zurechtzufinden. „Auf Farben zum Beispiel reagiert jeder sofort emotional“, erklärt uns Prof. Schmidt. Manche Farben, die bei uns eindeutig semantisch belegt sind – Rot ist eine Warnfarbe, Grün bedeutet OK –, haben in anderen Kulturen aber ganz andere Bedeutungen, zum Beispiel religiöse, und manche Menschen können nicht zwischen Rot und Grün unterscheiden wegen körperlicher Einschränkungen. Diese Farben kann man dann nicht so einfach für eine weltweit verbreitete App nutzen. „Man lernt in einer solchen Zusammenarbeit unheimlich viel“, schwärmt Janina Schmidt. Digital Design fällt Entscheidungen für die Zukunft: Das betrifft letztendlich auch den Umweltschutz. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von Cloud-Systemen. Die Server hierfür verbrauchen unheimlich viel Energie. „Der größte Stromverbrauch entsteht dabei, die Daten in der Cloud zu speichern und abzurufen.“ Hier fragt sich Prof. Schmidt, wie man diesen Verbrauch verringern könnte: „Muss denn alles in die Cloud? Und braucht man hier so große Bilder?“ Carina Moser, die künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl, ergänzt: „Wir reduzieren zum Beispiel Bilder auf ein Minimum und schauen, wie das läuft. Und das hat nicht nur Performance-Gründe, sondern auch ökologische.“ Prof. Schmidt bestätigt: „Für unsere Designrichtung ist das absolut relevant!“ Denn es geht hier in Offenbach wirklich um die Zukunft – die Zukunft des Digitalen, der globalen Kommunikation und unseres Planeten. Digital Design, ein Studium mit Zukunft, im vielfachen Sinn!