Die Natur hat ein Baukastensystem - BIT Werk - 2

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    © Steffen Böttcher
    Universität Kassel Die Natur hat ein Baukastensystem - BIT Werk

    E-Bikes und E-Autos verdrängen den Verbrennungsmotor, Häuser produzieren per Photovoltaik einen Teil ihres benötigten Stroms selbst, Verpackungsmaterialien beinhalten immer weniger Plastik. Doch für all das ist eine Grundlage nötig: „Ohne Werkstoffe kein Produkt“, fasst es Prof. Dr. Thomas Niendorf pointiert zusammen. Die allermeisten Werkstoffe bestehen heutzutage aber aus Kunststoffen, aus Plastik also. Und Plastik wird aus Erdöl hergestellt. Beißt sich hier die Katze in den Schwanz? Schaden wir der Umwelt, weil wir sie mit neuen Produkten schützen wollen?

    An der Universität Kassel gibt es das Clusterprojekt BiTWerk – „Biologische Transformation technischer Werkstoffe“. Dort werden Antworten auf genau diese Fragen gesucht – und gefunden: ein Werkstoff nämlich, der nachhaltig ist. Die meisten Werkstoffe heutzutage bestehen aus Materialien, die nur zu einem einzigen Zweck hergestellt werden. Fällt dieser Zweck weg, sind sie nutzlos und können nur schwer recycelt werden. BiTWerk entwickelt nun Rohstoffe, die im additiven Verfahren kombiniert und danach einfach wieder zerlegt und wiederverwertet werden können. Die Idee dazu kommt aus der Natur selbst: „Die Natur hat eine Art Baukastensystem“, erklärt uns Prof. Niendorf. Wenigen Rohstoffen können hier verschiedenste Funktionen zukommen. Lässt sich dieses System auf die industriell benötigten Werkstoffe übertragen, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten: Die Herstellung von Werkstoffen wird günstiger, weil bereits Vorhandenes viel leichter wiederverwendet werden kann. Es entsteht auch sehr viel weniger Abfall, der entsorgt werden muss. Dadurch sinken Produktions- und Entsorgungskosten erheblich – vom positiven Effekt auf die Umwelt ganz zu schweigen. Werkstoffe können zudem auch leichter werden. Im Flugverkehr würde das auch immens viel Kerosin sparen. Die Forschung von BiTWerk spart also Geld und schont die Umwelt.

    Aktuell befindet sich BiTWerk noch in der Grundlagenforschung, denn wichtig ist, dass die Materialien haltbar sind und zuverlässig einer starken Beanspruchung standhalten. Dafür werden verschiedene Tests durchgeführt: Wie beständig ist das neue Material, das eben nicht auf fossilen Rohstoffen basiert, sondern zum Beispiel auf Zellulose oder Pflanzenöl? Wie verhält es sich unter extremen Temperaturen? Wie gut kann es leiten, um zum Beispiel Kabel zu sparen, indem die Leitfähigkeit gleich mit eingebaut wird? Gerade die Leitfähigkeit ist ein Gebiet, auf dem die Forschung schon konkreter wird, wie uns André Schlink erzählt. „Ein Ziel hier ist, elektrisch leitfähige Leichtmaterialien zu drucken“, beschreibt er sein Forschungsgebiet. „Das bietet Lösungen für Stellen, an denen man nur schwer mit Kabeln arbeiten kann.“ Die Anwendungsmöglichkeiten sind also vielfältig. So vielfältig, wie das Projekt selbst: „Wir wollen unseren Studierenden immer das Aktuellste aus der Forschung mit an die Hand geben, damit sie für die Zukunft gerüstet sind“, betont Prof. Niendorf. Deshalb ist ihm Ganzheitlichkeit auch besonders wichtig: „Nur wenn es ganzheitlich gedacht wird, kann es auch funktionieren. Dafür brauchen wir aber dann die Studierenden, die entsprechend auch so ausgebildet sind.“ Deshalb lernen die Studierenden bei BiTWerk auch alles vom mikroskopischen Blick auf das Material über architektonische und Ingenieursfähigkeiten bis hin zur Wissenskommunikation. Denn nur so kann der Zukunft nachhaltig begegnet werden. In Kassel ist man bereit für diese Herausforderung.

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