Sen Reichert ist wissenschaftliche Mitarbeiterin, Dr. Andreas Weber-Theen jüngst zum Vertretungsprofessor für Ökotoxikologie im Studiengang Umwelttechnik an der Hochschule RheinMain berufen worden. Beide arbeiten im Labor für Ökotoxikologie, der Schnittstelle zwischen Biologie und Ingenieurwissenschaften – einem Fach, das Umweltschutz in seiner DNA verankert hat. Was bringt junge Menschen dazu, sich mit diesem recht komplizierten Grenzgänger zwischen zwei Disziplinen auseinanderzusetzen und die Tage über Mikroskopen oder in Mooren zu verbringen?
„Um etwas Sinnvolles zu tun“, kommt es von Dr. Andreas Weber-Theen wie aus der Pistole geschossen. „Mit unserer Arbeit versuchen wir, den Planeten so zu schützen, dass die nachfolgenden Generationen auch noch eine lebenswerte Zukunft haben.“ Er betont: „Auch meine Kinder!“ Sen Reichert nickt. Sie hat hier am Institut ihre Masterarbeit geschrieben und danach eine Stelle im Ökotoxikologie-Labor angetreten. „Ich wollte schon immer etwas zum Umweltschutz beitragen“, sagt sie. Und damit ist sie hier genau richtig. Denn im Labor für Ökotoxikologie können die im Studium vermittelten, theoretischen Grundlagen direkt an der Materie erprobt werden. „Wir versuchen herauszufinden, wie sich Chemikalien auf die Umwelt auswirken“, fasst Sen Reichert die Arbeit hier im Labor zusammen. „Ja, das ist ein Riesenthema“, bestätigt Dr. Andreas Weber-Theen. Wir stellen uns hier die Frage, welche Arten von Chemikalien in der Umwelt vorkommen und untersuchen wie sich diese Chemikalien auf die Organismen auswirken. Die Forschung reicht von Kosmetika und Medikamenten, die über das Waschbecken oder die Toilette im Abwasser landen, über Pflanzenschutzmittel bis hin zur Frage, welche Folgen das Verschwinden einer einzelnen Art für ein ganzes Ökosystem haben könnte.
Die Forschungsfelder in der Ökotoxikologie sind sehr breit und komplex. Da lohnt sich ein Blick auf die Details. „Man kann nicht auf allen Gebieten gleichzeitig Experte sein. Ich zum Beispiel arbeite hauptsächlich mit Algen.“ Dr. Andreas Weber-Theen hat im Labor eine neue Algenart kultiviert, die er für ökotoxikologische Untersuchungen nutzt. Denn trotz der unvorstellbaren Artenvielfalt, arbeiten die meisten Wissenschaftler nur mit einer Hand voll Algenarten, die sich im Labor besonders gut züchten lassen. Dabei können andere Arten wichtige Eigenschaften aufweisen, die diese gängigen Laboralgen nicht haben. „Es gibt z. B. Algen, die natürlicherweise auf dem Gewässergrund leben und daher eine andere ökologische Nische repräsentieren als solche, die frei durch das Wasser schweben. Die so genannten benthischen Algen werden bisher noch wenig im Labor zu Forschungszwecken eingesetzt. Diese Bewohner des Gewässergrunds können uns viel über kontaminierte Sedimente verraten”, erklärt Dr. Andreas Weber-Theen. „Während meiner Doktorarbeit habe ich also zuerst einmal untersucht, wie man diese Alge im Labor gut züchten kann. Anschließend habe ich dann Versuche mit verschiedenen Stoffen, die alle in der Umwelt vorkommen, durchgeführt, um zu sehen, wie die Alge darauf reagiert, zuerst Schwermetalle, dann Pharmazeutika. Ich habe für meine Doktorarbeit in den letzten Jahren also Algen vergiftet, im Namen des Umweltschutzes“, reflektiert Dr. Andreas Weber-Theen.
Warum diese Arbeit? „Es ist wichtig, die Tests zu standardisieren, um eine Vergleichbarkeit zu erhalten“, erklärt er. Deshalb hat er mit seinen Erkenntnissen auch einen Test entwickelt, der nun weltweit verfügbar ist und die Forschung noch einmal ein gutes Stück weiterbringt. Und wie kommt man mitten in Deutschland ausgerechnet auf Algen? „Das war lustig“, holt er aus. „Für meine Masterarbeit war ich in einem Moor im Hunsrück, und dort war während einer Algenblüte auf einmal alles leuchtend neongrün!“ Seine Faszination war also geweckt: „Zumal die sogenannten Blaualgen, also die Cyanobakterien, durch ihre Fähigkeit Photosynthese zu betreiben das Leben auf der Erde so wie wir es kennen erst möglich gemacht haben.“
Die Ökotoxikologie an der Hochschule RheinMain in Rüsselsheim ist also der ganz große Wurf für junge Menschen: Man tut etwas für die Umwelt, lernt und forscht ungemein viel, kann an einer tollen Hochschule studieren und hat später die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt.