Die faszinierende Welt der Ökotoxikologie -1

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    © Steffen Böttcher
    Hochschule RheinMain Die faszinierende Welt der Ökotoxikologie:

    Jede und jeder kann dabei schon im Kleinen anfangen: Ob man öfter mal das Fahrrad nimmt statt des Autos, ob man lieber lokal und saisonal einkauft, statt Obst aus Südafrika zu importieren, die kleinste Handlung trägt Früchte! Und viele kleine Handlungen addieren sich zu etwas Großem. Doch gesellt sich angesichts der großen Herausforderungen hierzu immer auch die Frage: Reicht das? „Ich glaube, viele verzweifeln an dem Gefühl, ohnmächtig zu sein“, zeigt sich Prof. Dr. Ulrike Stadtmüller verständnis- und zugleich hoffnungsvoll: „Aber das ist man gar nicht!“ Die Wissenschaftlerin ist Prodekanin des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften an der Hochschule RheinMain und lehrt im Studiengang Umwelttechnik auch den Schwerpunkt Ökotoxikologie. Und sie macht uns Mut: „Man kann viel für den Umweltschutz tun. Und in der Ökotoxikologie lernt man, wie das geht. Hier kann man richtig schnell seine Selbstwirksamkeit erfahren!“

    Die Ökotoxikologie ist ein noch relativ junger Wissenschaftszweig. „Der Begriff wurde zum ersten Mal 1969 auf einer Umweltkonferenz verwendet“, erzählt Dr. Andreas Weber-Theen, Vertretungsprofessor im Labor für Ökotoxikologie hier in Rüsselsheim. „Alles hier dreht sich um den Umweltschutz.“ In dem Fachgebiet mit dem schwierig auszusprechenden Namen wird erforscht, wie sich Chemikalien auf die belebte Umwelt auswirken. Ökotoxikologie ist eine Mischung aus Ökologie, Toxikologie und Umweltchemie, vereint also ein breites Themenspektrum in sich. Das ist auch nötig, denn das Thema ist umfangreich und komplex: Wie beeinflusst der Mensch die Umwelt? Wo kommen die Chemikalien her und wie gelangen sie in die Natur? Wichtige Einflussfaktoren sind die Landwirtschaft und Kläranlagen.

    In der modernen Landwirtschaft werden eine Vielzahl von Pestiziden wie Herbizide, Insektizide und Fungizide verwendet, um unser tägliches Nahrungsmittelangebot sicherzustellen. Gleichzeitig handelt es sich dabei um potente Gifte, die zwar lokal begrenzt auf den Feldern zum Einsatz kommen, diesen Wirkungsradius aber auch überschreiten können, sei es durch Verwehung mit dem Wind oder durch Auswaschung vom Regen ins Grundwasser oder in nahegelegene Oberflächengewässer. Durch die kontinuierlich steigende Bedeutung von Chemikalien in allen Bereichen unseres täglichen Lebens hat auch die Komplexität des Abwassers immer weiter zugenommen. Diese Komplexität überschreitet die klassischen Reinigungsziele von Kläranlagen, sodass eine Vielzahl von Mikroschadstoffen wie z. B. Medikamentenrückstände und Körperpflegeprodukte in die Flüsse gelangen. Aufgabe der Ökotoxikologie ist zu untersuchen, ob und welchen Einfluss diese Chemikalien auf Tiere und Pflanzen haben.

    „Wir betreiben hier prospektive Ökotoxikologie“, sagt Dr. Andreas Weber-Theen und erklärt: „Wenn eine Firma z. B. ein neues Pflanzenschutzmittel auf den Markt bringen will, muss es nach europäischem Recht erst auf seine Umweltverträglichkeit geprüft werden.“ Um also eine Zulassung zu erhalten, müssen ökotoxikologische Studien durchgeführt werden. Anhand von Algen, Daphnien und Fischen wird im Labor getestet, wie sich die neuen Mittel auswirken, wie lange sie sich in der Natur halten, wie toxisch sie auf die verschiedenen Lebensformen wirken. Diese Ergebnisse werden dann auf komplexe Ökosysteme übertragen mit dem Ziel Grenzwerte zu definieren bei denen die Lebewesen geschützt sind.

    Doch auch diese Tests müssen immer wieder hinterfragt und geprüft werden. So hat sich in jüngsten Experimenten herausgestellt, dass die standardisierten Kurzzeittests mit Algen hinsichtlich der toxischen Wirkung von Antibiotika möglicherweise zu kurz laufen, denn einige Antibiotika entfalteten ihre Wirkung erst ab dem dritten Tag, d. h. nach dem üblichen Ende der meisten Tests, wodurch sich nun weiterer Forschungsbedarf auf dem Gebiet der Risikobeurteilung ergeben hat.

    Und darum wird hier in Rüsselsheim geforscht – mit Erfolg! „Die Gesetzgebung im Umweltschutz ist in den letzten Jahrzehnten um einiges besser geworden“, freut sich Dr. Andreas Weber-Theen. Prof. Dr. Ulrike Stadtmüller ergänzt: „Mich freut das Engagement der jungen Generation gerade sehr. Alle, die jetzt für Fridays for Future auf die Straße gehen, können hier lernen, was sie ganz konkret tun können. Und die Industrie reißt uns unsere Absolventinnen und Absolventen förmlich aus den Händen!“ Wenn man also ein zukunftsträchtiges, sinnerfülltes Leben mit Jobgarantie haben will, dann ist das Studium der Umwelttechnik die perfekte Wahl!

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