Von ungewöhnlichen Intervieweinstellungen spricht die Begründung der Jury: „Jedes Bild wirkt wie neu.“ Und sie schließt: „Echtes Kino!“ Größer kann das Lob wohl kaum ausfallen. „Das war schon eine surreale Situation“, lacht Emiliano heute. „Nach dem Preis war meine Mailbox voller Möglichkeiten.“ Der Hessische Filmpreis ist einer der renommiertesten Preise Deutschlands, bei dem nur die besten Abschlussfilme gegeneinander antreten, eine echte Adelung also! Emiliano lacht: „Meine Mama hat gesagt: Bleib auf dem Boden.“ Und so bescheiden und dankbar wie er ist, hat er diesen Rat auf jeden Fall beherzigt.
„Work in Transition“ begleitet sogenannte Arbeitsnomaden, Menschen also, die von Job zu Job springen, immer auf der Suche nach etwas Größerem als Geld und Karriere. Idealisten, die ihre Träume leben. Wie Emiliano? „Ja, der Film basiert auf meiner persönlichen Erfahrung“, erzählt der Filmemacher und zählt all die Jobs auf, in denen er schon gearbeitet hat: Baumpfleger, Fahrradmechaniker, wissenschaftlicher … „Und irgendwie habe ich mich gefragt: Warum passiert mir so was?“
Nach dem eher technischen Studium der Bauphysik und Lichttechnik bemerkt Emiliano, dass ihm das Kreative, Künstlerische fehlt, und so landet er hier an der Hochschule RheinMain bei Professor Tom Schreiber im Fach Film. „Wenn man sich Emilianos essayistischen Film anschaut, denkt man zuerst, das passt doch gar nicht zu Kommunikationsdesign“, erklärt Tom. Denn das klingt zuerst nach klarer, vielleicht sogar unterkühlter Anwendung und so gar nicht nach den poetischen, verträumten Bildern aus Emilianos tollem Film. Doch genau hier finden der junge Filmemacher und das Studium an der Hochschule RheinMain zusammen und vereinen ihre besten Seiten. Prof. Tom Schreiber ist selber Filmemacher und erinnert sich an das erste aufeinandertreffen bei einem Mappentermin mit Emiliano Proietti: “Für seine Bewerbung hatte sich Emiliano seinerzeit eine ganz besondere Mappe einfallen lassen, die stark auf der Typografie beruht. Er hatte einen Satz mit der Hand in unterschiedlichen Geschwindigkeiten geschrieben und dadurch nicht nur mit der Lesbarkeit der Worte gespielt, sondern eine weitere Ebene des Story-Tellings eröffnet. Das hat mich damals sofort begeistert.” Und Emiliano ergänzt: „Da wusste ich: Das ist die richtige Adresse.“
Prof. Tom Schreiber nickt bestätigend: „Es ist uns total wichtig, eine offene Atmosphäre der Möglichkeitsräume zu schaffen.“ Falsch und richtig gibt es hier im Kommunikationsdesign nicht, vielmehr sollen sich die Studierenden hier ausprobieren. „Ich sage ihnen immer: Geht 24 Stunden pro Tag ins Studio und probiert alles aus, was ihr hier findet. So frei wie hier werdet ihr nie wieder sein.“ Denn: „Machen lernt man nur beim Machen“, so das Motto des Studiengangs, und das nehmen Prof. Schreiber und sein Team sehr ernst. So dürfen Absolventinnen und Absolventen ihren Abschlussfilm auch nach ihrem bestandenen Bachelor hier bearbeiten. „Nur weil sie jetzt einen Abschluss haben, ist der Film noch lange nicht so fertig, wie er eigentlich sein sollte“, betont Prof. Schreiber. „Oft schlummert in dem Material noch viel mehr, und hier bekommen sie die Zeit, die sie brauchen!“ Das Spontane, Kreative, Offene – ist das vielleicht die Heimat, die ein Jobnomade wie Emiliano gesucht hat? „Ach, ich mache immer mehrere Sachen gleichzeitig“, erzählt er. „An der Goethe-Uni in Frankfurt mache ich Videoproduktionen, ich bin auch Gestaltungslehrer im Bereich Typografie und Layout, gleichzeitig an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach immatrikuliert …“ Emiliano bleibt Nomade. Sein Sprungbrett war und ist dabei die Hochschule RheinMain.