Beispiele gefällig? Uns sind dunkle Ecken unangenehm. Helle, lichtdurchflutete Bereiche dagegen wirken auf uns anziehend. Wir wären sicherlich bereit, einen kleinen Umweg hinzunehmen, wenn dieser durch helle, lichtdurchflutete Bereiche führen würde. Auch ein Straßenbelag könnte auf die Nutzung für bestimmte Verkehrsteilnehmende hinweisen. Kopfsteinpflaster sind für Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen und E-Scooter eher unangenehm zu fahren und Autofahrer werden intuitiv langsamer. Asphalt hingegen hat eine gegenteilige Wirkung. Allein durch die Wahl des Straßenbelages ließe sich also eine bestimmte Geschwindigkeit im Verkehrsfluss erzielen und unterschiedliche Verkehrsteilnehmende separieren. Statt einer unübersichtlichen Schilderflut und Verbotszeichen ließen sich also die Gefühle in uns ansprechen und wären dadurch wahrscheinlich sogar wirksamer. Ist das nun aber auch wissenschaftlich nachweisbar? Genau das versucht man an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach herauszufinden.
„Deshalb haben wir hier am Institut für Mobilitätsdesign das Forschungsprojekt ‚Emotion Design‘ durchgeführt, eine Kooperation des Fachbereichs Design der Hochschule für Gestaltung Offenbach und des Fachbereichs für Psychologie der Goethe-Universität Frankfurt durchgeführt“, erzählt Andreas Grzesiek.
„Im Bereich der öffentlichen Mobilität wird oft sehr pragmatisch entschieden, welche Produkte und Materialien zum Einsatz kommen“, bemerkt Andreas Grzesiek. Der freiberufliche Designer arbeitet für das Institut für Mobilitätsdesign und ist überzeugt: „Es lohnt sich öffentlichen Nahverkehr bei der Planung als emotionales Produkt zu betrachten.” So gibt es zum Beispiel viele Studien darüber, dass natürliche Materialien einen positiven Effekt auf das Verhalten haben“ erzählt er. Die Automobilindustrie hat das schon lange erkannt und für sich genutzt. „Wir haben hier im Projekt Emotion Design Wartesituationen in Mixed-Reality-Räumen simuliert und dabei messen können, dass die Materialien und die Körperhaltung einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Zeitwahrnehmung in öffentlichen Räumen haben.“ Beim Sitzen auf Bänken aus Holz wird die Wartezeit subjektiv kürzer wahrgenommen als auf Metallmöbeln oder beim Stehen, was den Aufenthalt am Bahngleis wesentlich entspannter macht. Auch die Orientierung im Raum kann durch emotive Faktoren verbessert werden: Warmes Licht und sich weitende Räume tragen ebenfalls dazu bei, dass Menschen sich wohlfühlen und lenken somit den Verkehrsfluss auf unbewusster Ebene. Wohlfühlen in einem ÖPNV, der uns alle an der Hand nimmt und uns reibungslos von Haustür zu Haustür bringt – das verführt doch förmlich dazu, das Auto stehenzulassen.