Der Blick zurück ist der Blick nach vorn - 3

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    © Steffen Böttcher
    Philipps-Universität Marburg Der Blick zurück ist der Blick nach vorn

    Diese Zivilisation entwickelte sich über viele Jahrtausende, erfand bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. die Schrift und verfügte über ein beeindruckendes Wissen in verschiedenen Bereichen. Prof. Nils Heeßel von der Philipps-Universität Marburg forscht seit über drei Jahrzehnten auf diesem Gebiet und ist sich sicher: „Es gab in der Antike bereits eine unglaubliche Vielfalt an Wissen in allen Aspekten und wir machen heute den Fehler, dieses Wissen zu unterschätzen.“

    Die Mesopotamier erfanden die Keilschrift und erste Literatur wie das Gilgamesch-Epos entstand. Sie entwickelten grundlegende mathematische Konzepte, darunter Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division. Sogar Brüche, Quadrate und Quadratwurzeln fanden Verwendung. „Selbst der sogenannte Satz des Pythagoras wurde schon um 1800 v. Chr. angewandt, ohne dass man ihn näher ausformulieren oder definieren musste. Man wandte ihn einfach an. Allein das erzählt uns viel über das Denken und das Verständnis der Menschen damals.“ erzählt uns Prof. Nils Heeßel.

    Mesopotamische Ärzte entwickelten diagnostische Handbücher und Behandlungsmethoden für verschiedene Krankheiten. Sie nutzten Kräuter und andere natürliche Heilmittel. „Heute werden Syndrome, Krankheiten und diagnostische Tests, die man tatsächlich bereits vor 3.000 Jahren kannte, immer noch nach modernen Ärzten benannt, die dieses Wissen in der heutigen Zeit wiederentdeckten.“

    Prof. Nils Heeßel ist Leiter des Graduiertenkollegs zur Erforschung von Inszenierungen religiöser Atmosphäre in antiken Kulturen, das Wissen aus zwölf verschiedenen Altertumswissenschaften schöpft. Religiöse Fragen und Riten waren ein wesentlicher Antreiber gesellschaftlichen Fortschritts. Wissenschaften wie die Astronomie, so erklärt uns Prof. Nils Heeßel, sind damals aus einem Geist entstanden, den Göttern zu dienen und ihren Willen zu verstehen:

    „Der alte Orient ist bekannt dafür, dass er große Fortschritte im Verständnis der Abläufe des Himmels erlangte. Diese Himmelsbeobachtungen wurden so lange und intensiv betrieben, dass wiederkehrende Muster am Firmament entdeckt wurden und die Position von Planeten genau bestimmt werden konnte. Später war man sogar in der Lage, Sonnen- und Mondfinsternisse vorauszusagen.“

    Aus dem Willen, in einen Austausch mit den Göttern zu treten, entstand damals eine rechnende Astronomie, die mit exakten mathematischen Berechnungen die Welt beschreiben konnte. Die Mesopotamier hinterließen ein umfangreiches Erbe an Wissen und Innovationen, die die Grundlage für viele spätere Zivilisationen bildeten. Ihre Fortschritte in Schrift, Mathematik, Astronomie, Recht und Architektur beeinflussten maßgeblich die Entwicklung der menschlichen Zivilisation.

    Jahrzehntelange, intensive Forschung der mesopotamischen Antike lassen Prof. Nils Heeßel mit einer gewissen Gelassenheit auf unsere heutige Zeit blicken:

    „Ich höre immer wieder, dass wir heute in besonderen Zeiten leben, mit künstlicher Intelligenz und Digitalität, mit überwunden geglaubten Kriegen aus religiösen oder nationalistischen Gründen, mit Ressourcenknappheiten und Klimawandel und würde hier gern mit einem Zitat des deutschen Philosophen Walter Benjamin antworten: „Es hat keine Epoche gegeben, die sich nicht im exzentrischen Sinne „modern“ fühlte und unmittelbar vor einem Abgrund zu stehen glaubte.“ Auch die Mesopotamier beschäftigten sich bereits mit Fragen von Ressourcenknappheit und Raubbau an der Natur, mit menschlicher Endlichkeit und Fragen der Existenz. Aus diesen schriftlich übermittelten Darlegungen, was es bedeutet, Mensch zu sein, können wir viel über uns als Menschheit lernen.“

    Wir können die Geschichte des Homo Sapiens also nicht ohne die Hochkultur der Mesopotamier erzählen. Und wir hoffen sehr, dass wir durch die Forschung von Prof. Nils Heeßel noch viele Erkenntnisse über uns als Menschheit gewinnen können. Oder um es mit Walter Benjamin zu sagen: Der Blick zurück ist der Blick nach vorn.

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