Team Hector an der Technischen Universität (TU) Darmstadt
Ganz langsam fährt das kleine Raupenfahrzeug über die hölzerne Rampe. Ohne Mühe weicht es einer Zwischenwand aus, überwindet eine Metallfläche und arbeitet sich zum nächsten Hindernis vor. Doch keiner der zehn anwesenden Menschen in einem Labor der Technischen Universität (TU) Darmstadt hat eine Fernbedienung in der Hand. Stattdessen besitzt das circa 60 Zentimeter breite Gefährt eine rotierende und blinkende Lasereinheit. Damit zeichnet der ‚Hector Tracker‘ ein genaues, dreidimensionales Bild von seiner Umgebung auf, orientiert sich so im Raum und sendet seine Daten über Funk an einen Laptop. „Unser Roboter arbeitet inzwischen zum größten Teil autonom“, erklärt Gabriel Hüttenberger stolz. Der Masterstudent der Informatik ist seit knapp zwei Jahren Mitglied im Team Hector (HeterogeneousCooperatingTeam Of Robots), das zum Fachgebiet Simulation, Systemoptimierung und Robotik gehört. Gemeinsam erforscht und entwickelt die Gruppe eigene Rettungsroboter.
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Rettungsroboter könnten in Erdbebengebieten dabei helfen, Verschüttete zu lokalisieren, bei Großbränden der Feuerwehr ein genaues Bild aus dem Inneren liefern oder sogar die Ursache finden und beseitigen. So könnte im Ernstfall nicht nur schneller und zielgerichteter geholfen werden, sondern die Rettungskräfte müssten oft nicht ihr Leben bei drohenden Nachbeben oder in einsturzgefährdeten Gebäuden riskieren. „Seit 2008 forschen wir bereits im Bereich Urban Search and Rescue“, erklärt Teamleiter Dr. Stefan Kohlbrecher vom Fachgebiet Simulation, Systemoptimierung und Robotik. Bei Null musste das Team dabei nicht anfangen: Bereits in den Jahren davor arbeitete das Fachgebiet unter Leitung von Professor Dr. Oskar von Stryk an automatisierten Systemen. Allerdings mit einem völlig anderen Schwerpunkt. Nach zwei Weltmeistertiteln im Roboter-Fußball zog man sich aber aus diesem Bereich zurück und wechselte zum neuen Forschungsthema.
Einsatz im Atomkraftwerk
Doch auch hier stellte sich schnell der Erfolg ein: Seit mehreren Jahren heimst die Gruppe verschiedenste Titel und Trophäen ein. Im April gewannen die Mitglieder als Partner des Teams Argonauts die Argos Challenge zur autonomen Inspektion von Gas- und Ölplattformen. Und im Juni reiste der ‚Hector Tracker‘ ins österreichische Zwentendorf. Hier steht ein Atomkraftwerk, das zwar komplett fertiggestellt, aber nie in Betrieb genommen wurde. Ein perfekter Ort für den erstmals ausgetragenen europäischen Roboterwettbewerb ENRICH: Ausgestattet mit einem Geigerzähler erkundete der Roboter der TU Darmstadt den Einsatzort, musste winzige Stücke Kobalt-60 finden und in einem bereit stehenden Eimer deponieren. Zwar gelang dem Team Hector nicht der Gesamtsieg, doch die beste Kartografierung radioaktiver Quellen. Viele Projekte realisiert das Team Hector gemeinsam mit einem Partner aus der Industrie: Die österreichische Firma Taurob stellt die Basisversion des Tracker Roboters her und kooperiert mit dem Team bei der Teilnahme an verschiedenen Projekten und Wettbewerben.