Im Labor für Biomechanik hier in Frankfurt gehen Prof. Dr. Armin Huß und sein Team genau dieser Frage nach: Wie können diagnostische Prozesse und medizinische Produkte individualisiert werden? Dabei ist das Thema an sich nicht neu. Bereits im 19. Jahrhundert gab es Anatomen, die die besonderen Strukturen im Knochenbau von Menschen und Tieren erforscht haben. Und Studien über Bewegungsabläufe gab es schon in der Renaissance. Seit rund 35 Jahren wurde die Forschung in der Biomechanik auch um das Weichgewebe ergänzt, denn auch Haut und Blutgefäße halten den Menschen am Laufen. Dies ist eines der Themen, die Dr. Christopher Blase interessieren. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter hier im Labor für Biomechanik und untersucht gerade die Haut mittels Drucksensoren. “Schon im Namen ‘Binde- und Stützgewebe’ kann man ja ablesen, dass die Haut ein wichtiger Teil der Biomechanik ist.”
Seit den 1990er-Jahren werden die Bildgebungsverfahren und die Simulationsmethoden dank der Computer immer besser, – die medizinische Forschung kann sich nun auf Simulationen stützen, die viele Vorteile mit sich bringen: Sie sind nicht invasiv, sie stehen problemlos zur Verfügung und lassen sich leichter untersuchen als ein Körperteil an einem Menschen.
In der praktischen Anwendung trägt die Biomechanik also viel dazu bei, dass die Diagnostik immer präziser und effektiver wird. Diese Forschung führt auch in der Herstellung zum Beispiel von hocheffizienten Gelenkprothesen oder individuell angepassten Stents zu immer weiteren Verbesserungen. Denn je schonender einem Patienten so ein Ersatzteil eingesetzt wird, desto besser ist das für den Organismus. Auch in das erweiterte Umfeld des Körpers greift die Biomechanik ein, um den Patienten so viel Komfort und Gesundheit wie möglich zu verschaffen. „Matratzen haben ja auch eine Wechselwirkung mit dem Körper“, erzählt Günther Benderoth und verweist auf Liegegeschwüre: in der Pflege ein leider wohl bekanntes Thema. Können sich Patienten nicht selbst drehen, wird im Unterhautgewebe die Blutzufuhr abgeschnitten und die schmerzhaften Geschwüre entstehen. Deshalb hat man hier im Labor für Biomechanik auch an Matratzen geforscht, die dieses Problem minimieren können. Und die zukünftigen Möglichkeiten sind unendlich: Knochenwachstum, Materialbeschreibung von biologischen Geweben, – Prof. Huß lacht: „Ich glaube, in den nächsten 100 Jahren gehen uns die Forschungsthemen nicht aus!“