Relativ neu entdeckt sind besondere „Taschen“ an den Rezeptoren, die eine völlig neue Möglichkeit bieten, Medikamente an die Rezeptoren zu binden. Und dann hat man auch noch nicht alle Rezeptoren ausreichend erforscht. „Von einem der Rezeptoren wissen wir nur, dass er existiert, aber nicht, welche Botenstoffe er bindet“, ist Prof. Dr. Bünemann fasziniert. „Auch seine Funktion ist unbekannt.“ Man weiß bislang nur, dass er zusätzlich Probleme bei Stoffwechselerkrankungen macht. Nun gilt es herauszufinden, ob dieser Rezeptor überhaupt bindet und welche Moleküle man für Arzneimittel nutzen kann. Dazu arbeitet das Team mit interdisziplinären Kolleginnen zusammen: „Wenn wir etwas gefunden haben, kommt die Medizinalchemie ins Spiel. Die verändern dann in Rücksprache mit Strukturbiologinnen und der Computerchemie diese ersten gefundenen Moleküle. Und wir wollen die dann Schritt für Schritt verbessern. Das ist das, was die Medizinalchemie macht.“
„Es sind wirklich sehr unterschiedliche Richtungen, die da zusammenkommen: Biophysik, Biochemie, wir haben auch viele Pharmazie-Doktorand*innen“, erklärt Prof. Dr. Bünemann. Die Wirkstoffforschung ist ein interdisziplinäres Feld, dessen Fortschritte auf den unterschiedlichen Wissensgebieten beruhen. „Wir haben hier in Marburg Kontakt zur Biologie und zur Medizin. Wir haben das Glück, dass unsere Rezeptoren sowohl in Nervenzellen als auch in anderen Zellen vorkommen und zahlreiche Krankheiten beeinflussen. Deshalb passen wir auch gut sowohl in die Neurowissenschaften als auch in die Zellbiologie!“, lacht er. Diese inhaltliche Vielfalt ist außergewöhnlich an der Wirkstoffforschung in Marburg. Neben der Forschung ist die die Pharmazie auch ist sehr lehrlastig“, berichtet Prof. Dr. Bünemann. „Das macht auch Spaß! Ich halte zum Beispiel die Ringvorlesung Pharmakologie, und das geht drei Semester lang durch alle Themen.“ Und außerdem findet sich hier auch ein expliziter Praxisbezug, der vielen Studierenden wichtig ist. „Viele Studierende kommen mit dem Fach Pharmakologie das erste Mal so richtig in Kontakt mit dem, was hinterher im Beruf wichtig ist: Was haben die Arzneistoffe für Wirkungen auf den Körper, für welche Erkrankungen brauche ich welche Arznei? Wenn Sie nach dem Studium in die Apotheke gehen, was viele hier anschließend wollen, dann brauchen Sie genau das.“ Die Zeit an der Universität ist für Pharmazeuten mit dem zweiten Staatsexamen eigentlich abgeschlossen. Jedoch kann die Hälfte des anschließenden praktischen Jahres auch genutzt werden um in der pharmazeutischen Forschung beispielsweise auch in der Uni Marburg reinzuschnuppern – eine perfekte Vorbereitung sowohl für den Berufseinstieg als auch für eine akademische Karriere!